Ilona's Meinung
Warum eine Bäuerin oder ein Bauer aber chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel und Dünger sowie Antibiotika einsetzt, geht oft vergessen. Die Produzenten machen das nicht weil sie Freude an Umweltverschmutzung haben, sondern weil es einerseits so von der Politik gefördert wird und weil es andererseits der Markt verlangt. Die meisten Produzenten in der Schweiz produzieren gemäss den Anforderungen des Bundes (ÖLN). Knapp 50% des bäuerlichen Einkommens machen die Direktzahlungen aus (Quelle OECD). Initiativen die Druck auf die Politik ausüben nachhaltiger zu werden, sind deshalb sehr wichtig.
Weshalb aber nicht mehr Produzenten auf Bio umsteigen, hat auch noch einen anderen Grund, nämlich der Markt, bzw. wir Konsumenten. Ein Bauer steigt nur auf Bio um, wenn er für seine Produkte auch einen Abnehmer hat. Aktuell haben Bioprodukte einen Marktanteil von gut 10%. Solange nicht mehr Bioprodukte nachgefragt werden, wird es auch nicht produziert (Quelle: Bio Suisse, 2021).
Auch unser Einkaufszettel ist deshalb ein Stimmzettel!
Michèle's Meinung
Mich sprechen Freundinnen darauf an, ob sie nun trotzdem JA stimmen sollen, wo doch selbst viele Bio-Bauern kritisch sind. Bio Suisse hatte sich für einen Gegenvorschlag stark gemacht, der leider nicht zustande kam. Die neue Agrarpolitik (AP22+) wurde sistiert, obwohl sie viele gute Punkte enthalten hätte. (Immerhin hat das Parlament einen Absenkpfad vorgeschlagen, was wir nicht zuletzt den Initiativen verdanken, die das Thema sichtbarer gemacht haben. Allerdings ist das Massnahmenpaket noch nicht in trockenen Tüchern!)
Mir ist bewusst, dass es für viele Landwirtschaftsbetriebe um existenzielle Fragen geht. Ich werde dennoch 2x JA stimmen ohne Angst um unsere Landwirtschaft:
Die Umfragen zeigen, dass die Lobby stark genug sein dürfte, dass die Initiativen abgelehnt werden. Je mehr JA-Stimmen aber zusammenkommen, desto höher der Druck, sich mit der nächsten Agrarpolitik in die umweltgerechte Richtung zu begeben.
Werden die Initiativen doch angenommen, gibt es Interpretationsspielraum. Wenn der Bauernverband heute auch sagt, es gäbe keinen, so bin ich mir sicher, dass er nach einem JA dann doch existiert (hier beziehe ich mich auf Aussagen in der SRF Arena) und voll ausgenützt würde. Das Argument, es käme bei Annahme der TWI zu mehr Import mag stimmen, sofern man nichts unternimmt - aber auch da hat man Zeit neue Gesetze zu erlassen. Mit der Verankerung der Ernährungssicherheit in der Verfassung wurde 2017 die Grundlage dafür schon geschaffen.
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